Romaine Kuonen: Ein Herz für REDOG
«REDOG ist für uns alle mehr als eine Beschäftigung. REDOG ist eine Herzensangelegenheit.» In ihrer Abschiedsrede an der Delegiertenversammlung 2019 hob Romaine Kuonen mit Worten und einem Cartoon nochmals hervor, was ihre ganze Amtszeit als Zentralpräsidentin durchzog: Ein Herz für REDOG.
Dagmar Wurzbacher
Bilder: Markus Willi, Andrea Derungs, André Grossenbacher, Max Strässle
Es gab praktisch keinen Moment, in dem Romaine Kuonen nicht erreichbar war. Und das nicht nur für Einsatzalarme. Auch für die REDOG Mitglieder und die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle. Auf eine Frage folgte prompt eine Antwort. Musste ein Text gegengelesen werden, kam ihr Feedback noch am gleichen Tag. Für eine dringende Unterschrift fuhr sie schnell ins Büro. Galt es Unstimmigkeiten zu schlichten, verbrachte sie Stunden am Telefon, auch des nachts. In einem Interview sagte sie einmal: «Einsatzfähige REDOG-Mitglieder sind generell auf Pickett». Sie sagte nicht: Eine Präsidentin…
Über allem steht die Teamarbeit
Die Arbeit im Team, die Kraft als Team, gemeinsam etwas Aufbauen und Weiterentwickeln mit all seinen Hürden, Anstrengungen, sich aber auch gegenseitig Stützen, das betonte die Walliserin stets. Es ist deshalb auch nicht überraschend, dass Romaine Kuonen unzählige Comicfiguren mit einem grossen roten Herz ins Zentrum ihrer Abschiedsrede stellte, die Hearty Heroes. «Wir alle sind Hearty Heroes. Unser Herz brennt für unsere Mission. Wir haben ein gemeinsames Ziel und dadurch sind wir verbunden: etwas Sinnvolles tun für Menschen in Not.»
Unser Herz brennt für unsere Mission. Wir sind alle Hearty Heroes.
Romaine Kuonen
Für ihre Erfolge während 11 Jahren Vorstandsarbeit, davon acht als Zentralpräsidentin, möchte sie gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen im Zentralvorstand, heutigen wie vergangenen, verdankt werden. «Dies war die Basis, auf der die Entwicklung der letzten Jahre aufgebaut werden konnte. Ich durfte Teil dieser Weiterentwicklung sein, durfte viel Schönes, Schwieriges, Neues, aber auch Leidvolles mit Euch teilen.»
REDOG Spirit weitergeben
Der Aufbau der Alarmzentrale und der Geschäftsstelle REDOG fällt in Romaine Kuonens Präsidentschaft. Zum Beispiel. Aufgebaut wurden auch die Strukturen für die Soforteinsatzteams für Einsätze im Ausland, zum Beispiel bei Erdbeben, sowie die Ausbildungsprojekte im Ausland. «Was gibt es Schöneres, als Wissen zu teilen? Das ist gelebte Humanität», sagte sie zu den Delegierten und VertreterInnen von Armee, Partnerorganisationen, vor Ehrenmitgliedern und geladenen Gästen in Sempach.
Stolz ist Romaine Kuonen denn auch auf die zwei internationalen Trainingswochen auf dem Übungsgelände in Epeisses, an denen jeweils rund 200 Retterinnen und Retter aus allen fünf Kontinenten teilnahmen. Nicht ohne zu betonen: «Auch hier war eine enorme Teamarbeit angesagt.»
Den Dank, den die Präsidentin in ihrer Abschiedsrede an die unterstützenden Partnerinnen und Partner richtete, erhielt sie von Peter Rub, der als Ehrenpräsident die Schweizerische Kynologische Gesellschaft vertrat, postwendend zurück. Es sei ihr gelungen, immer und überall die Notwendigkeit von REDOG aufzuzeigen, echte Begeisterung auszulösen und zu überzeugen. «Die Integration der Drohnen für die Suche ist nur eines von vielen Beispielen, wie dein Blick und deine Visionen immer nach vorne gerichtet waren», sagte Peter Rub. Wenn daraus Arbeit entstanden sei, habe sie mitangepackt und oft, wohl sogar sehr oft, die privaten Verpflichtungen hintenangestellt.
Beruflich unterstützt die 55-Jährige Menschen, die sich verändern wollen oder die sich in Krisen befinden. Nicht unähnlich ihrem REDOG-Engagement. Jedoch, zählte man rein die Stunden, welche Romaine Kuonen während ihrer Präsidentschaft für ihren Beruf aufwendete, so wäre ihre Praxisarbeit das Hobby und REDOG die Erwerbsarbeit. Nur dass das Vereinsmanagement freiwillig und ehrenamtlich ist. Wie bei allen REDOG Mitgliedern übrigens. Ob als Retterin in Ausbildung, als Retter auf Pickett oder als Technikspezialist im Einsatz.
Eine besondere Ehrung erhielt Romaine Kuonen von Annemarie Huber-Hotz, langjährige Wegbegleiterin im Schweizerischen Roten Kreuz, Präsidentin wie sie. «Einer Organisation wie REDOG kann nur angehören, wer grosse seelische Kraft hat und zu einer Leidenschaft fähig ist, die ihn bei einer grossen Belastung nicht verzweifeln lässt, auch dann nicht, wenn allgegenwärtiges Chaos Hoffnungslosigkeit verbreitet.»
Professionalisierung und Anerkennung
Doch die scheidende Präsidentin hat nicht nur viele Ideen umgesetzt und Visionen real werden lassen, sie hat auch die finanzielle Basis dafür geschaffen. Dank ihrer Leidenschaft und ihrer Fähigkeit zu begeistern, schuf sie ein grosses Netzwerk in der Politik, bei Bund und Kantonen sowie Partnerorganisationen auf nationaler und internationaler Ebene.
Leistungsvereinbarungen mit Kantonen garantieren den kantonalen Krisenstäben eine stete Bereitschaft von REDOG. Und REDOG einen finanziellen Zustupf an die professionelle Aus- und Weiterbildung. Bei Blaulichtorganisationen und Armee ist REDOG als gleichwertige Partnerin akzeptiert. Mit GEA, einer türkischen Rettungsorganisation, geht REDOG gemeinsam in Einsätze nach Katastrophen.
Die grosszügige Unterstützung von Stiftungen wie der JTI Foundation, von Robmar und der Humanitären Stiftung des Schweizerischen Roten Kreuzes brachte die Finanzen nicht nur ins Lot, sondern zollt auch der Leistung und der Notwendigkeit von REDOG Anerkennung. Mit dem Aufbau der Geschäftsstelle hat Romaine Kuonen sichergestellt, dass professionelles Vereinsmanagement, Marketing und Fundraising diese Erfolge halten und sogar ausbauen.
Die Verzweiflung, seine Familienmitglieder gar nicht mehr zu finden, ist für Angehörige jahrelang traumatisierend.
Romaine Kuonen
Wir sind alle froh, dass Romaine Kuonen REDOG erhalten bleibt. Zumindest in der Suche und Rettung. Denn mit Arco ist die Hundeführerin in der Ausbildung zum Leichenspürhund, einer noch jungen Sparte bei REDOG. Der Australian Cattle Dog ist Romaine Kuonens fünfter Hund in Ausbildung.
Das Orten von verstorbenen Menschen war der Ehefrau und Mutter zweier nun erwachsener Kinder immer eine Herzensangelegenheit. «Die Verzweiflung, seine Familienmitglieder gar nicht mehr zu finden, ist für Angehörige jahrelang traumatisierend.» Sie zitiert gern die Aussage eines Jugendlichen, dessen Vater nur noch tot geborgen werden konnte: «Das Grauen und der Schrecken hat sich in Trauer verwandelt. Die Gewissheit ist zwar hart und schlimm, aber wir haben unseren Vater wieder und können Abschied nehmen.»
Es ist auch nicht anzunehmen, dass REDOG Romaine Kuonen als Visionärin und Networkerin verliert. Aber vielleicht hat Vorstandskollegin Linda Hornisberger keine schlaflosen Nächte mehr. «Sie konnte mitten in der Nacht anrufen, Probleme wälzen und Ideen entwickeln», sagt die Vorstandskollegin mit einem Augenzwinkern. Denn dieselbe Verfügbarkeit, die Romaine Kuonen an den Tag legte, verlangte sie auch von ihren MitstreiterInnen.